In Kontakt treten…. Kolumbien, März 2013
Wir sitzen in einer Panaderia/Cafeteria in Popayan. Die Kirchturmglocke schlägt 3 Mal. Es ist dreiviertel Acht und wir warten auf zwei heiße Kaffees – schwarz und ohne Zucker und ebenso sehnsüchtig auf unsere bestellten Spiegeleier. Diese Panaderia ist klein, 3 Tische drinnen und draußen in der Sonne stehen auch zwei. Der ältere Mann lächelt und deutet auf den Kaffee, ja er ist wirklich lecker – der Kaffee- wir befinden uns ja auch im Anbaugebiet des Kaffees, wenn nicht hier, wo sonst sollte der Kaffee schmecken. Das junge Mädchen, das die Bedienung übernimmt, schätzen wir als seine Tochter ein und von ihr bekommen wir unsere Eier und lassen sie uns schmecken. Während wir so dahin schmausen, beschäftigen sich zwei Männer mit einer Stihl- Motorsäge, die nicht funktioniert, bis sie sie – die Stihl-Motorsäge - auseinandernehmen - die Kette lockern und wieder zusammenbauen. Beim nächsten Start läuft sie ohne irgendwelche Anzeichen einer Rebellion. Als die Männer eintreten sind wir schon fertig mit unseren Spiegeleier und schlürfen nur noch an unseren Kaffeetassen. Beide setzten sich gegenüber von uns hin und die Frage „De donde viene?“ – Woher kommen Sie?- ist die am meisten gestellte Frage an uns. Egal ob Kassiererin am Supermarkt; Schuhputzer an der Straßenecke; Passant, der zufällig vorbei geht, während einer von uns ein Hotel sucht; Marktfrau hinter einem Stand, an dem wir Bananen kaufen; der Autofahrer an der Ampel neben uns, der zuvor dein Kennzeichen sah; Kellnerin, die uns eine dampfende Tasse Kaffee serviert; Tankwart, der uns den geliebten Sprit einfüllt; Polizist, der unsere Papiere überprüft oder die Rezeptionistin, die alle Daten in ein Buch notiert… alle wollen, sobald sie in Kontakt mit uns treten, wissen woher wie sind. Danach folgt nicht immer aber doch oft: „oh Australia…“, worauf wir sofort, wie einstudiert sagen: „ no Australia – Austria – Europa“ und dann kommt die Antwort: „ah Austria“ und wenn dann“ Vienna“ oder „Salzburgo“ kommt, dann wissen wir, dass sie Österreich kennen… wenn „ah Austria, mhh ahh“ folgt, dann können wir nicht mit gutem Gewissen behaupten, dass er oder sie weiß, wo sich Österreich wirklich befindet. Nun zurück zu unserer Panaderia, zurück zu unseren leeren Tellern, dafür zu den vollen Bäuchen und der halb vollen Kaffeetasse und zurück zu unseren zwei männlichen Gegenüber, die auch gleich nach „ Australia“ auf „Austria“ übergingen und natürlich auch die zweit häufigsten gestellte Fragen an uns richten: „A donde va?“ – Wo gehen Sie hin? – Ja, auch dies wollen alle wissen und so eben auch diese zwei Männer im älteren Alter. Oft geben wir nur an, wohin wir in dem Land, in welchem wir uns befinden, hin möchten. Nur wer weiterfragt, erfährt, dass wir nach Alaska fahren um „Verwandte“ – was in unserem Fall gar nicht so weit hergeholt ist - zu besuchen.
Nun zurück zu unserer Panaderia, zurück zu unsern mittlerweile abgeräumten Tellern, den nach wie vor vollen Bäuchen, den, in zwischen leer gewordenen, Tassen und zurück zu unseren zwei männlichen Gegenüber, die inzwischen vor einer dampfenden Kaffeetasse sitzen und genauso reagieren, wie alle reagieren, wenn wir angeben, wohin wir in ihrem Lande unterwegs sind: sie beginnen fließend, flüssig und schnell auf Spanisch zu erzählen, wie schön doch dies und das, wie die Straße hier und dort und wie gefährlich es im Norden, Osten, Westen oder Süden ist. Oft verstehen wir kein Wort, aber die Leute wollen uns einfach ihr Wissen weitergeben, uns behilflich sein (auch wenn wir nicht gefragt haben), uns unterstützen und überzeugen… Die Menschen in Kolumbien sind – wie in Ecuador ebenso – extrem nett, hilfsbereit und zuvorkommend. Wir spüren die Leute freuen sich, dass wir mit den Motorrädern ihr Land bereisen, dass wir kommen und uns nicht fürchten vor diesen „drogensüchtigen, entführungswütigen und erpresserischen Kolumbianern“. Wir spüren, dass wir willkommen sind, auch auf der Straße – im Stau bekommst du den Daumen hochgestreckt von uns entgegenkommenden Moped-, Auto- und Truckfahrern. Bei Fragen nach dem Weg kommt die gefragte Person auf einen zu und gibt hilfreiche Handzeichen (gerade, links, rechts oder ein Kreis, damit ist ein Kreisverkehrt gemeint) zu ihrer schnell gesprochenen spanischen Wegbeschreibung.
Nun, zurück zu unserer Panaderia, zurück zu den schon vergessenen leeren, abgeräumten Tellern, den nach wie vor vollen Bäuchen, den, in zwischen wiederaufgefüllten Kaffeetassen und zurück zu unseren zwei männlichen Gegenüber, deren dampfendes Spiegelei vor ihnen steht und sie reagieren genauso wie alle anderen: sie beginnen uns den vor uns liegenden Weg zu beschreiben, einer der Beiden lässt sein leckeres Spiegelei links liegen bis es kalt wird, dafür schreibt er in unserem Notizbuch alle Städte auf unserem Weg nach Cartagena auf. Die Fahrtzeit in Stunden fügt er auf Grund von unserem Nachfragen hinzu. Seine Hand begleitet das Sagen – wenn die Strecke hügelig ist führt er seine Hand auf und ab – ist die Strecke flach, macht er den Winnetougruß (alle Finger aber ausgestreckt nicht so wie Winnetou nur mit 2 Finger). Er ist sehr bemüht, während der andere sein Spiegelei nicht kalt werden lässt und später dann mit den gegenseitigen Vorstellen und der Familiengeschichte beginnt: „Tiene hijos?“ – Haben sie Kinder? – Nein und die Augen strahlen unglaubliche Unfassbarkeit aus. Wie kann man nur keine Kinder haben? Er hat 4, worauf wir ihn dazu gratulieren, was ihm einen Lacher kostet und wir einfach nur gemeinsam lachen. Ja, lachen mit dem Gegenüber ist ungemein wichtig, ungemein erleichternd, ungemein befreiend und ungemein distanzbefreiend. Lachen löst Barrikaden – so ist ein kleiner Scherz über unsere unbedeutenden, fast kaum bemerkbaren spanisch Sprachkenntnissen immer ein guter Einstieg in ein Gespräch, denn wir haben schon mal gelacht. Das Lachen mit der Rezeptionistin, die uns 8 Tage am Morgen sagte, dass die Straßen noch besetzt sind und wir weiterhin festsitzen, machte diese depressive Nachricht immer wieder lockerer und verlieh ihr – der Nachricht – einen gewissen Humor, den wir auch brauchten.
Nun zurück – ein letztes Mal - zu unserer Panaderia, zurück zu – haben wir überhaupt Teller gehabt?-, den mittlerweile entspannten Bäuchen, den, in zwischen leer gewordenen 2 Tassen und zurück zu unseren zwei männlichen Gegenüber, die im Gelächter sich mit Lierhly unterhalten, wie er wohl am besten Kinder zeugen könnte, wobei bei einem auch noch seine Hände das Gesagte unterstützen, während Chrissi lachend bei der möglichen Tochter des Geschäftes, die alles mithört und ebenso heftig lächelt, bezahlt. Wir verabschieden uns mit Handschlag, bekommen noch das übliche „buen viaje“ - gute Reise- und „muy suerte“ – viel Glück - mit auf den Ausgang und verlassen zufrieden und lächelnd unser Frühstückseckerl.
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Xandi (Montag, 18 März 2013 22:35)
na wie ich immer sage: keep smiling :)