Überholspur…
Südamerika, einsame vom Wind gebeutelte Gegenden, faszinierende Lagunen, atemberaubende Vulkane und grandiose Bergstraßen… was hatte ich nicht schon alles gelesen, gehört oder bei diversen Reportagen im Fernsehen gesehen… alles gelesen, gehört und gesehen über die „selbstmörderische“ Fahrweisen der südamerikanischen Verkehrsteilnehmer… vor allem von den Überholmanöver in wilder Manier gehörten... Meine Erfahrung dabei widerspricht nun, da ich es selber erlebte, den Vorurteilen. Okay, es gab schon einige, um die man einen großen Bogen machen sollte… sobald ich ein Fahrzeug sah, dessen Radlager so ausgeschlagen war, dass es sich einige cm nach außen und innen bewegte, und er obendrein noch zum Überholen ansetzte, hielt ich zur eigenen Sicherheit doch genug Abstand.
Anfangs fuhr ich noch eher abwartend und leicht zögernd auf einige Bergstraßen hinter schweren Trucks hinterher. Die kolumbianische PANAM, zum Beispiel, schlängelt sich faszinierend über die Berge rauf und runter – up and down sozusagen. Es war eher wenig Verkehr und eine Zeit lang genoss ich die kurvigen Abschnitte der Straße total, doch wenn ein schwerer Truck vor mir sich mit 25 oder 30km/h die steilen Anstiege hochquälte, wurde dieser kurviger Abschnitt zu einer echten Qual, noch dazu blieb zum Überholen nie wirklich viel Zeit, noch dazu musste ich ständig aufpassen, denn die Trucks holten bei Rechtskurven ganz schön aus, um mit dem Aufleger noch um die engen Kurven zu kommen. Ich meine, die Trucks vor mir ebenso, wie die entgegenkommenden Trucks… Wie gesagt, anfangs war ich noch eher mit Vorsicht unterwegs, nun zum Schluss mit mehr Verständnis und Gefühl war wohl ich der verrückte Verkehrsteilnehmer, denn nun setzte ich an und überholte auch einfach mal innen, sobald der Truck nach außen in einer Rechtskurve ansetzte… um einfach zügiger voranzukommen. Eine Baustelle auf dem Weg nach Norden bedeutete für mich so schnell wie möglich gleich am Stau vorbei zu kommen, um an erste Stelle zu stehen, bevor der Verkehr in meine Wunschrichtung wieder frei gegeben wurde… denn an sonst musste ich ca. 10 LKWs links oder eben auch mal rechts nach der Baustelle überholen – Blinker raus – Gas geben und wieder abbremsen, um sich gleich wieder einreihen zu können, um den Gegenverkehr nicht frontal gegenüberstehen zu müssen… Eine anstrengende Art zu Reisen, aber voller Überraschung stellte ich fest, dass alle Verkehrsteilnehmer unglaublich rücksichtsvoll unterwegs waren. Links blinkend und gleichzeitiges Zeichen mit der Hand hieß, man konnte überholen (abgesehen es lag keine linke Abbiegespur vor mir), und dies war allen bekannt und auch gängig… oder kam auf halbem Überholvorgang vor einer Kurve ein Bus plötzlich entgegen, blendeten sie mal kurz auf und machten dann noch super Platz. Einige Male war es doch ganz schön knapp… der verrückte Verkehrsteilnehmer eben… Ja, die Busse fielen in die Kategorie der unliebsamen Fahrzeuge, die man des Öfteren vor sich hatte. Erstens fuhren sie sehr zügig und kamen mir oft auf Grund dessen mit einer solchen Schräglage entgegen, dass man glaubte, der kippte jeden Moment um. Aber nix da, die hatten alles im Griff… und sahen diese Busse einen Anstieg ging fast gar nichts mehr, außer das ausstoßen von schwarzen Rußwolken, die mir durch den Helm schossen. Manches Mal blieb mir einfach die Luft weg. Konnte ich das Visier nicht schnell genug schließen, hatte ich sämtliche Rußpartikel in den Augen und dies brannte wie Feuer. An solchen Tagen verzichtete ich trotzdem nicht auf die Fotostopps, und so fuhren wieder alle, die ich zuvor in mühseliger Kleinarbeit überholt hatte, an mir vorbei… das Ganze nochmals von vorne… Abends im Hotel sah man im Gesicht aus, als wäre man durch einen Kamin gekrochen und das weiße Handtuch vom Hotel zeigte auch noch nach der Dusche, was an so einem überholreichen Tag alles hängen blieb.
Kommentar schreiben